„Ihr seid keine Opfer, ihr seid selbst schuld!“

„Ende September diesen Jahres wurden bei einem Hacker-Angriff auf Facebook etwa 50 Millionen Benutzerdaten gestohlen. Wer von euch hat daraufhin sein Passwort geändert?“ Mit dieser Frage begann Cem Karakaya seinen Vortrag über moderne Medien vor den Schülern unserer Schule. Es folgte betretene Stille im Raum. Alle schauten sich verstohlen um. Nur ein Einziger meldete sich zögernd. Einer von etwa 300 Schülern.

In dem eineinhalb-stündigen Vortrag informierte der ehemalige InterPol-Beamte eindrucksvoll über die Risiken und Gefahren eines unachtsamen Umgangs mit neuen Medien.

Für uns Jugendliche sind diese neuen Medien Alltag. Fast jeder ist über sein Smartphone im Internet, chattet, liest E-Mails, postet auf Social Media und befragt Suchmaschinen. Wir nutzen alle diese Dienste selbstverständlich und sind uns häufig nicht darüber bewusst, dass unsere persönlichsten Daten dadurch für Kriminelle viel zu einfach erreichbar sind. Gehandelt werde meist erst dann, wenn es schon zu spät sei, sagt Karakaya. Erpressung und Identitätsdiebstahl kämen jeden Tag vor.

Suchmaschinen speichern unseren Suchverlauf, Social Media Dienste unsere Kontakte, Interessen und Fotos, in denen wiederum der Aufnahmeort eingebettet ist. Daraus lässt sich auf unseren Aufenthaltsort schließen. Doch es geht noch weiter. Viele haben sogar die Ortung ihres Smartphones aktiviert, woraus ein detailliertes Bewegungsmuster abgeleitet werden kann. Die Auswertung unserer Textnachrichten liefert noch genauere Informationen über uns. Wenn man all diese Daten zusammenträgt, erhält man ein erschreckend umfassendes Profil einer Person, beispielsweise Name, Wohnort, Alter, Schule bzw. Arbeitsort, Freundeskreis, Stammlokal, Hobbies und politische Ausrichtung. Und warum dürfen Google, Facebook & Co. das alles? Weil wir es ihnen erlaubt haben. Denn mal ganz ehrlich: Wer hat jemals die AGBs vor dem Klick auf „Akzeptieren“ gelesen? Darin steht nämlich, welche Daten die Firmen wie und wozu verwenden. Indem wir die Standardeinstellungen einfach unbesehen übernehmen, geben wir unsere persönlichen Daten freiwillig preis. Jeder könnte diese Einstellungen ändern, aber die wenigsten machen sich die Mühe. Im Gegensatz dazu darf die Polizei so genaue Daten über eine Person nur mit richterlicher Genehmigung sammeln.

Wir sind die erste Generation, über die von Geburt an Informationen ins Netz gestellt werden. Das ist ja im Prinzip erst einmal nicht schlimm. Wenn jedoch der Personalchef einer Firma, bei der man sich beworben hat, im Netz die peinlichen Fotos des letzten Volksfests findet, kann es zu einem großen Problem werden.

Weitere Beispiele für unsere Sorglosigkeit sind die Nutzung ungesicherter WLAN-Verbindungen, das Versenden unverschlüsselter E-Mails und die Vergabe simpler Passwörter wie zum Beispiel 12345 oder das eigene Geburtsdatum.

Zum Abschluss des Vortrags gab uns Cem Karakaya mit auf den Weg, sorgsam mit unseren persönlichen Daten im Internet umzugehen, den gesunden Menschenverstand zu gebrauchen und sich die Mühe zu machen, die Standardeinstellungen einmal genauer anzuschauen und den persönlichen Wünschen anzupassen.

Am wenigsten Daten können Hacker übrigens abgreifen, wenn man das Smartphone einfach mal zu Hause lässt und sich „offline“ mit seinen Freunden trifft.

von Bettina Kleemann, F-W12B