Bairisch ein Unterrichtsfach – ja so a Schmarrn!

Bald könnte der Stundenplan in Bayerns Realschulen und Gymnasien so aussehen: montags Mathe, Deutsch, Geschichte und in den letzten beiden Stunden Bairisch. Denn Bayern will zurück zu seinen Sprachwurzeln. Also zumindest Ministerpräsident Markus Söder. Die bairische Mundart soll zukünftig in den 8. Klassen der bayerischen Schulen gelehrt werden. Ob als eigenständiges Fach oder als Teil des Deutschunterrichts – wie dieser Unterricht aussehen soll, weiß wohl nicht mal Söder selbst so genau. Warum also jetzt diese Aufregung?

Bei der Umsetzung des Vorhabens wird erschwerend hinzukommen, dass es „das Bairische“ nicht gibt. Dialekt ist so vielfältig, dass man schon die Bewohner des Nachbarorts manchmal nicht versteht. Ganz zu schweigen von den überregionalen Unterschieden. Zwischen Ober- und Niederbayern liegen Welten. Davon können Bayerns Lehrer ein Lied singen: eine Versetzung ist für „Zuagroaste“ nicht gerade leicht.

Abgesehen davon: Dem Bairischen haftet ein unschönes Vorurteil an. Von norddeutschen Kindern wird es als derb und ungebildet wahrgenommen. Im Gegensatz dazu steht Söders Aussage: „Sie alle wissen, dass Dialekt intelligenter macht, das sieht man an der bayerischen Staatsregierung jeden Tag“. Wäre dies tatsächlich der Fall, würden wir nicht immer wieder über die brillanten Einfälle der Politiker zum Abgasskandal und zur Flüchtlingspolitik den Kopf schütteln. Fakt ist zwar: Dialekt fördert, wie jede andere Zweitsprache auch, das Sprachzentrum des Gehirns. Daraus lässt sich aber nicht notwendigerweise auf eine höhere Intelligenz schließen.

Und mal ehrlich: über Bairisch-Unterricht zu diskutieren, ist viel bequemer als die wirklich dringenden Probleme im Bildungsbereich ins Visier zu nehmen. Die Sprachgewandtheit und die Flexibilität des Wortschatzes von Schulanfängern nehmen von Jahr zu Jahr ab. Das liegt laut Simone Fleischmann, Präsidentin des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbandes, an Vielem: Abkürzungen im Fernsehen, zunehmendes Schweigen am Esstisch zu Hause, keine Zeit mehr für Singen und Reimen im Kindergarten. In der ersten Klasse haben die meisten Kinder Nachholbedarf, so Fleischmann. Und das liegt sicher nicht am fehlenden Dialekt.

Doch nicht nur Bayern sorgt sich um „seine Sprache“. In Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern fürchtet man das Verschwinden des Plattdeutschen. Es wird mittlerweile in Volksschulen und einige Kindergärten angeboten.

Und während Dialekt die Sprachkultur bereichert, Identität stiftet, das Bewusstsein für die regionale Kultur schärft, kann er leider auch die Bildung einer „Wir-gegen-die-anderen-Mentalität“ fördern. Und das ist zu Zeiten von AfD, Pegida und Co. alles andere als wünschenswert.

Solche Lehrplanreformen sollten also gut durchdacht werden, bevor man im Hauruck-Verfahren eine zwar gut gemeinte, aber nicht gut gemachte, Änderung umsetzt. Einen solchen Schmarrn hatten wir ja mit dem G8 schon zur Genüge.

von Bettina Kleemann