Ab jetzt wird gelogen – aber wen wundert’s?

von Lukas Gmelch

Aufgrund der angekündigten Corona-Lockerungen für geimpfte oder genesene Personen ist es immer häufiger der Fall, dass Impfwillige falsche Angaben machen, um früher eine Impfung zu erhalten: Die Schwester sei schwanger, man sei in der freiwilligen Feuerwehr aktiv, obwohl man seit Jahren nur noch dran vorbeifährt, oder man hat angeblich 50 Pfund mehr auf den Rippen.

Aber wer kann es den „Lügnern“ verübeln? Über ein Jahr verhielt sich die Mehrheit der deutschen Bevölkerung vorbildlich solidarisch. Die jungen Gesellschaftsgruppen opferten ein Jahr ihrer wertvollen Jugend. Doch genau sie sind jetzt die Verlierer dieses ab 09.05. geltenden Beschlusses der Bundesregierung: Für Geimpfte und Genesene gelten keine Ausgangsbeschränkungen, die Kontaktbeschränkungen wurden erheblich reduziert und es wird kein negativer Test, wenn sie zum Friseur gehen, benötigt. Die gesunden jungen Erwachsenen in der Prio-Gruppe 4 haben den Kürzeren gezogen und müssen weiterhin auf einen Impftermin warten.

So war es fast vorherzusehen, dass es vielerorts Impfdrängler gibt, welche lügen, um früher eine Impfung gegen das Corona-Virus zu erhalten. Die Forderung, dass diese Drängler hohe Strafen wie diejenigen, die sich nicht an die Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen gehalten haben, erhalten sollen, ist berechtigt. Denn es ist sicherlich nicht die feine Art zu lügen, um sich selbst einen Vorteil gegenüber anderen zu verschaffen. Dieses Verhalten zeigt aber deutlich, zu welchen Mitteln mittlerweile gegriffen wird, um endlich dem monatelangen Coronachaos zu entfliehen.

Diese Ereignisse sollten andere Konsequenzen haben: Statt diejenigen zu bestrafen, die lediglich wieder am sozialen Leben teilnehmen wollen, ist die Aufhebung der Impfpriorisierung ein Schritt zur Chancengleichheit für die gesamte Bevölkerung. Es ist ein Armutszeugnis, dass durch die Lockerungen die vielen jungen Ungeimpften, welche sich selbst monatelang aus Solidarität zuhause einsperrten, benachteiligt werden.

Klar ist, dass durch die Aufhebung der Impfpriorisierung nicht gleichzeitig schneller geimpft wird. Trotzdem wäre es ein Signal der Dankbarkeit an alle, die mittlerweile über ein Jahr auf viele ihrer Rechte, zum Wohle aller, verzichtet haben.

Und eines noch: Jede geimpfte Person – weiß der Teufel wie und warum sie die Impfung erhalten hat – bringt uns der Normalität einen Schritt näher.