Lappalien sind keine Notfälle – Job „Rettungsdienst“

von Johanna Steuringer 

Der Rettungswagen ist Tag und Nacht einsatzbereit und rückt täglich mehrfach aus und das oft wegen Lappalien, wie „mein Fuß tut weh“. Wegen solchen unnötigen Einsätzen sinkt die Anzahl der Rettungskräfte stetig, weil vor allem junge Notfallsanitäter und Notfallsanitäterinnen, die in ihrer Ausbildung komplexes, notfallmedizinisches Wissen vermittelt bekommen, ihren Beruf nicht gewählt haben, um nachts zu einem Patienten mit Schmerzen im Knie zu fahren, den sie dann am nächsten Tag zum Arzt schicken.  

Die Nummer 112 ist nur für Notfälle gedacht. Wer Husten oder beispielsweise Schmerzen im Knie hat, kann die Nummer 116 117 wählen. Das ist die des ärztlichen Bereitschaftsdienstes und für solche Fälle gedacht.  

Der Rettungswagen soll bereitstehen für Notfälle wie Verkehrsunfälle oder Herzstillstände. Denn, wie der Name schon sagt, ist er für die RETTUNG zuständig und nicht für Lappalien, die nicht lebensbedrohlich sind.  

Wenn ein Rettungswagen in der Nacht eine größere Strecke ausrückt, wird ein verfügbarer Rettungswagen aus dem Nachbarlandkreis zur sogenannten Gebietsabsicherung geschickt. Das heißt: Der verfügbare Rettungswagen wird immer so gestellt, dass in der ganzen Region die Hilfsfrist von 12 Minuten Anfahrtszeit eingehalten werden kann. Somit kann der Rettungswagen in der Nacht schon einmal einige Stunden auf einem Feldweg außer Orts stehen und auf einen Einsatz oder auf das Kommando, dass der Heimweg angetreten werden darf, warten. Das ist mit Sicherheit ein Grund, dass junge Leute den Rettungsdienst verlassen. 

Oftmals sind die Einsatzmeldungen ganz anders als in der Realität.  Beispielsweise wird man zu einem Einsatz gerufen – „stark blutenden Wunde“. Im Endeffekt stellt sich aber heraus, dass es sich um einen eingerissenen Fingernagel handelt, der nicht einmal blutet.  

Zudem ist die aktuelle Corona Situation für Rettungskräfte nicht ungefährlich, denn es kann sein, dass ein Patient keine Symptome hat oder Symptome hat, es aber für eine gewöhnliche Erkältung hält. Im Krankenhaus wird er aber positiv auf das Coronavirus getestet. Rettungskräfte haben somit ein viel höheres Infektionsrisiko. Jeder spricht über die Pflegekräfte auf den Intensivstationen, aber diese sind meist bereits über eine vorliegende Coronainfektion informiert und können die entsprechende Schutzausrüstung anlegen. Wohingegen die Rettungskräfte nur mit FFP2 Maske geschützt sind und noch ahnungslos sind. 

Ein weiterer Grund, warum der Beruf der Rettungssanitäter nicht zu den beliebtesten zählt, ist, dass das Gehalt für die geleistete Arbeit sehr niedrig ausfällt. Wenn sich der Landkreis am TVöD (Tarifvertrag Öffentlicher Dienst) orientiert, liegt das Gehalt zwischen 2456,00-3033,00 € monatlich für eine 45 Stunden Woche. Im Vergleich verdient eine Kauffrau für Büromanagement zwischen 2.903,00€ und 3.768,00€ monatlich, arbeitet aber nur 35-40 Stunden in der Woche. Aus diesem Grund entscheiden sich viele gegen einen Beruf im Rettungsdienst. Hinzu kommt: Im Büro muss viel weniger körperliche Arbeit geleistet werden, die psychische Belastung sowie auch die Arbeitszeit sind geringer.  

Zusammengefasst ist der Beruf im Bereich Rettungsdienst sehr vielfältig, verantwortungsvoll und interessant, hat aber viele Nachteile. Aber trotz allem ist der Beruf sehr wichtig für die Gesellschaft. Deshalb sollte unbedingt darüber nachgedacht werden, die Arbeitsbedingungen zu verbessern und das Gehalt der geleisteten Arbeit anzupassen.