Eine Flut von Kündigungen und ihre Ursprünge – Die USA im Arbeitskräftemangel

von Elias Amorth

Ab dem Frühjahr 2020 hatte die Corona-Pandemie auch die Vereinigten Staaten fest im Griff. Was darauf folgte, war eine Welle von Entlassungen, durch den Überlebenskampf der einzelnen Unternehmen, um weiterhin wettbewerbsfähig zu bleiben. 

Dass gerade in diesen Zeiten das Phänomen der großflächigen „Resignation“ (Kündigung, bzw. Rücktritt zu Deutsch) weiter Einzug hält, scheint ungewöhnlich.  

Sollte man doch meinen, dass am Beispiel der über 20 Millionen Entlassungen allein im US-Bundesstaat Washington jeder, dem der Arbeitsplatz noch gesichert ist, froh über dieses Privileg sein müsste, so stiegen die Zahlen seit Juli 2021 kontinuierlich auf über 4 Millionen Kündigungen pro Monat (Tendenz steigend) an. Bis November gaben somit über 20 Millionen Arbeitnehmer ihre Stellen auf, was laut dem US-Arbeitsministerium einem neuen Höchstwert seit Dezember 2000 entspricht. 

Doch welche Gründe gibt es für diesen Wandel und wie können die Arbeitgeber dem Einhalt gebieten? 

Bisweilen gibt es keine weiteren Angaben des Arbeitsministeriums bezüglich möglicher Hintergründe für die Veränderungen. Experten sind sich jedoch einig, der Ursprung liege mit hoher Wahrscheinlichkeit bei unterschiedlichsten Verhaltensänderung und Motiven der Arbeitnehmer. 

Home-Office – ein Trend mit Bestandsgarantie, auch in der Zukunft? 

Durch die Verlagerung der Arbeitsplätze von den Firmenräumen in die eigenen vier Wände, als Hygienemaßnahme während der Pandemie, boomte das Home-Office in den verschiedensten Branchen weltweit, so auch in den USA. Die Vorteile für Arbeitnehmer: Familie, Freunden und auch den Freizeitaktivitäten konnte mehr Zeit gewidmet werden, wodurch eine bessere Entfaltung im Berufs- wie auch Privatleben entstand. Gerade durch die während der Infektionswellen von der Regierung verordneten Maßnahmen, wie Kontaktbeschränkungen und Ausgangssperren, ergab sich eine allgemeine Tendenz, familiäre wie auch freundschaftliche Beziehungen intensiver zu pflegen. 

Ein großes Umdenken fand auch im Bereich der Work-Life-Balance statt, so fordern immer mehr Angestellte mehr Freizeit bei gleichbleibender Bezahlung, was die Arbeitgeber bei selbigen, tendenziell sogar steigendem Arbeitspensum vor eine Herausforderung stellt. 

Doch in Anbetracht all der Vorteile, die die Telearbeit für die Arbeitnehmer zu bieten hat, stellt sich schlussendlich doch die entscheidende Frage, ob diese auch über die Pandemie hinaus weiterhin so gefördert werden wird. Wer kann dieses Arbeitskonzept beispielsweise weiterhin so anbieten? – Entscheidend für die Arbeitnehmer, denn die erlangte Autonomie wird ungern wieder aufgegeben werden wollen. 

Wie der Internationale Währungsfond mitteilte, sei die durch die Corona-Pandemie hervorgerufene Rezession wesentlich stärker, im Vergleich zu Wirtschaftseinbrüchen der vergangenen Jahre. Dies hat zur Folge, dass es auch dementsprechend länger dauern wird, bis sich der Arbeitsmarkt davon wieder erholt hat. 

Den Mitarbeitern in diesen Zeiten also mehr Geld anbieten zu können, auch um Arbeitsstellen attraktiver für Bewerber zu machen, setzt ein gewisses finanzielles Fundament voraus. Eine Tatsache, die vor allem kleineren Firmen im Konkurrenzkampf sauer aufstoßen könnte, da diese meist über weitaus geringere Mittel verfügen als ihre industriellen Mitstreiter. 

Ausblicke auf den zukünftigen Arbeitsmarkt – Firmenanstellung oder doch Startup? 

Eine große Rolle spielt auch, das Konzept des Home-Office postpandemisch weiter anbieten zu können. Zeigt eine jüngst veröffentlichte Studie beispielsweise, dass vor allem junge Mütter die Möglichkeiten der Telearbeit weiterhin vorziehen würden, um fortlaufend der Kinderbetreuung mehr Zeit widmen zu können, so stellt auch diese Umstellung des Arbeitsverhältnisses die Firmen vor eine unsichere Planungsgrundlage bezüglich des Arbeitspensums, wie auch der Verteilung der Arbeit. Das dies aber vor allem für große Konzerne wie Google und Amazon kein Problem darstellen sollte, zeigt das von den Firmen zukünftig angebotene Zwei-Tage-Home-Office-Konzept mit der zusätzlichen Möglichkeit, einen weiteren ganzen Monat von zu Hause aus arbeiten zu können – ein Grund, weshalb gerade viele kleine Firmen oft Konkurs anmelden müssen. 

Die Folge davon ist eine Aufspaltung in unzählig viele Ministartups. Die Zahl der Startups erreichte bereits im Juli vergangenen Jahres, mit gut zehn Millionen verzeichneten Neugründungen binnen eines Jahres einen neuen Höchststand, seit Einführung der Statistik. 

Not macht erfinderisch, so heißt es, was sich gerade am Wandel des Arbeitsmarktes in den USA in Bezug auf Corona verzeichnen lässt. Denn noch nie zuvor verließen so viele Menschen freiwillig ihre Arbeitsstellen, um fortan auf eigenes Risiko und eigene Rechnung zu arbeiten. So hatten beispielsweise Branchen, wie der Einzelhandel und die Gastronomie, die es während der Lockdowns besonders hart traf, die meisten Neueröffnungen von Startups zu verzeichnen. Waren in den Jahren vor der Pandemie die Gründungen neuer Kleinunternehmen stetig geschwunden, so expandierten diese während der von Regierungsseite auferlegten Stillstände umso mehr, da gerade in den Vorstädten und Wohnvierteln auf Grund von Home-Office Cafés und Bistros mehr denn je gefragt waren. Ein Wandel, der wohl vor allem durch die billionenschweren Covid-Hilfspakete der Regierung wie auch staatlichen Leistungen ermöglicht wurden, wodurch viele Amerikaner die Chance hatten, in eine finanziell gute Lage zu gelangen, was sich vor allem in der Halbierung der Armutsrate des Landes verzeichnen ließ. 

Selbstständigkeit ist ein Traum, der für die meisten Arbeitenden lange mit zu hohem Risiko behaftet war, um ihn sich zu verwirklichen. Mit staatlicher Unterstützung fiel es aber nun deutlich leichter, den ersten Schritt zur Selbstständigkeit zu gehen. 

Ob sich nun aber Homeoffice und Festanstellung in einem Industriekonzern oder aber die Gründung eines Startups durchsetzen wird, bleibt abzuwarten. Was sich allerdings klar erkennbar abzeichnet, ist ein vielfältiger Arbeitsmarkt im Wiederaufbau, der die Bedürfnisse und auch Ideen des Einzelnen immer mehr zu berücksichtigen und zu unterstützen scheint.