Warum die Pille?

Wer kennt als Frau nicht den Satz: „Warum bist du denn schon wieder so gereizt?!“. Am besten schwingt dabei noch ein genervter Unterton mit. Dass aber der Grund für die Stimmungsschwankungen der – möglicherweise von der Pille – durcheinandergebrachte Hormonhaushalt ist, auf diese Idee kommt man nicht sofort. Vielleicht ist dies auch der Grund, weshalb innerhalb der letzten Jahre, Frauen vermehrt die Pille abgesetzt haben: Wir sprechen hier von einem Rückgang von 46 auf 31 Prozent! Wieso also entscheiden sich immer mehr Menschen des weiblichen Geschlechts gegen die Einnahme der Pille? 

Hört man sich im eigenen Bekanntenkreis um, fallen vor allem die ähnlichen Erfahrungen beim Frauenarzt auf: Von den zwei Stunden, die man dort wartet, sitzt man gerade einmal zehn Minuten im Gesprächszimmer. Aus Sicht der Frauenärzte scheinbar lange genug, schließlich zahlt die Krankenkasse pro Untersuchung ganze 11,90 Euro, was einem Behandlungszeitraum von elf Minuten pro Quartal entspricht. In diesem Zeitraum ist aber dann auch alles enthalten: Untersuchung, Dokumentation und Rücksprache mit dem Patienten. Ob diese geringe Zeitspanne für einen gründlichen Check-Up reicht, ist fraglich. 

Auch bei der Verhütungsberatung greift die gesetzliche Krankenversicherung mit fünfzehn Euro pro Gespräch tief in die Tasche, da sind dann aber auch nur die verschreibungspflichtigen Verhütungsmittel abgedeckt. Möchte man mehr über die natürliche Familienplanung erfahren, darf man Dr. Google fragen. Und auch, dass deswegen 1,4 Millionen Frauen in Deutschland das falsche Präparat erhalten, scheint unwichtig zu sein. Doch sind hier wirklich die Frauenärzte die Schuldigen? Sie werden ja schließlich von den Krankenkassen und der Pharmaindustrie – die als Sponsor von Ausstellungen über Verhütungsmittel hauptsächlich das Wundermittel präsentiert – beeinflusst. 

Gegenteilig könnte man anbringen, dass die Pille nicht nur für Frauenärzte beim Verschreibungsprozedere, sondern auch für Konsumenten positiv im Sinne der Zeitersparnis ausfällt. Würde man sich beispielsweise mit der Temperaturmessmethode oder Ähnlichem beschäftigen, müsste man definitiv mehr Zeit aufwenden, als sich das Präparat – zur Not mit einem Schluck Alkohol – an jedem beliebigen Ort einzuwerfen. Doch ist dieses Plus die Einnahme der Pille wert? 

Problematisch and der ganzen Beratungssache ist auch, dass meist die Ärztinnen und Ärzte selbst zu wenig geschult sind. Im Studium wird das Thema Verhütung kaum angesprochen und wenn – wie sollte es auch anders sein – nur die Wirkung der verschiedenen Präparate diskutiert. Aber wieso sollte das auch Inhalt des Medizinstudiums sein, welches alle Ärzte vor ihrer Spezialisierung auf einen Fachbereich gleichermaßen absolvieren? Das Wissen aus eigenen Erfahrungen hilft hier dann auch nicht sehr viel weiter. Und ein solches Vorwissen kann generell auch nur vorhanden sein, wenn der Biologielehrer der 9. Klasse, das Thema Sexualkunde mal nicht ans Ende des Lehrplans gesetzt hat, nur um dann festzustellen, dass die Zeit dieses „eher unwichtige“ Thema durchzusprechen doch nicht mehr reicht. Vielleicht ist es aber auch Selbstschutz, um den unreifen Sprüchen pubertierender Neuntklässler zu entkommen. Wer hat schließlich Lust auf albernes Gekicher und Schüler, die ihre Klassenkameraden mit Kondomen abwerfen, statt sie über die dafür vorgesehene Gurke zu stülpen. 

Vielleicht ist die Pille aber auch für Verhütungsmittelunerfahrene Mädchen gedacht. Alles worauf man achten muss, ist diese zum richtigen Zeitpunkt einzunehmen. Man kann sie also auch gut in den normalen Alltag integrieren. In der Regel merkt dann auch keiner, wenn man sie einnimmt – was ja für viele Jugendliche ein riesiges Tabuthema ist. Junge Mädchen haben in der Pubertät auch schlechtere Haut und sehen die Pille als Chance ihr Hautbild zu verbessern. Win Win also…? 

Eine wichtigere Frage wäre: Wiegt das die ganzen Nebenwirkungen auf, die man schon dem meterlangen Beipackzettel entnehmen kann? Neun von zehn Frauen geben an, schon mindestens einmal unter Gewichtszunahme und CO. gelitten zu haben. Wenn die Freundin komisch wird und zufällig gerade angefangen hat die „Smarties“ einzunehmen, liegt ihr Libidoverlust wahrscheinlich nicht an der mangelnden Attraktivität des Mannes, sondern am in den Hormonaushalt eingreifenden Gestagen. Folgen, die direkt während der Einnahme beobachtet werden können, sind zudem Depressionen oder Zwischenblutungen. Das sind doch hervorragende Voraussetzungen! Auch im Verlauf der Jahre können Schwierigkeiten auftreten, beispielsweise beim Versuch schwanger zu werden sollte die Pille frühzeitig abgesetzt werden, weil sich die Schleimhaut der Gebärmutter erst erholen und der „normale“ Hormonhaushalt wieder hergestellt werden muss. Besonders kritisch ist es, wenn man die Pille ohne Pause über mehrere Jahre hinweg einnimmt. 

Ein tolles Wundermittel mit nebensächlichen Nebenwirkungen? Nein! Denn wer seine Lauscher gespitzt hat, dem ist wahrscheinlich nicht entgangen, dass vor kurzem die Pille für den Mann auf den Markt gekommen ist. „Super!“ würden jetzt vielleicht einige Frauen sagen. Schaut man sich das Thema jedoch genauer an, erfährt man, dass das Pillchen wegen zu starker Nebenwirkungen – Gott sei Dank – nicht zugelassen wurde. Nebenbei gesagt ist auch interessant, dass diese die gleichen wie beim Präparat der Frau sind. Pech, dass die Pille des weiblichen Geschlechts in einem anderen Jahrhundert zugelassen wurde! 

Zugutehalten muss man der Pille jedoch, dass sie im Thema Sicherheit eine der führenden Methoden ist. Mit einem Pearl-Index von 0,1 bis 0,9 erreicht sie eine weitaus geringere Chance einer ungewollten Schwangerschaft als bei einem Kondom mit dem Index von 2 bis 12. Der Pearl-Index zeigt dabei an, wie sicher ein Verhütungsmittel ist und gibt Auskunft darüber, wie viele Frauen trotz eines bestimmten Verhütungsmittels innerhalb eines Jahres schwanger werden. Trotz der niedrigen Schwangerschaftschance bei Einnahme der Pille sind hormonfreie Methoden zu empfehlen. Die Kupferspirale beispielsweise hat mit einem Index von 0,3 bis 0,8 ähnlich gute Werte wie das Präparat und das ohne die Erschaffung von „Hormonfehlgesteuertenzicklein“! Kombiniert mit einem Kondom kann doch dann nichts mehr schiefgehen… 

Pille oder keine Pille? Hormone oder doch keine Hormone? 

Im Endeffekt muss jede Frau selbst entscheiden, was für sie die beste Methode ist und mit welchem Entschluss man sich am Ende wohlfühlt. Aussagen wie „Ich spüre dann aber nichts“ sollten dabei aber nicht in die Wahl des Verhütungsmittels miteinbezogen werden. Wenn Pille dann mit mehr Aufklärung, mehr Beratung und der Schaffung eines höheren Risikobewusstseins. Jeder einzelne sollte sich mehr mit dem eigenen Körper auseinandersetzen und vielleicht nicht die erstbeste, einfachste Methode wählen. Denn bis die Forschung noch weitere Alternativen anzubieten hat, könnte es noch ein paar Jahre dauern.

Von Nina Weiher

Bildquelle: Miguel Á. Padriñán auf Pixabay