Geschichte mal anders

Ein – im wahrsten Sinne des Wortes – ausgezeichnetes Projekt von und mit der letztjährigen B-W12B und ihrer Lehrerin Patrizia Thalmeier

3. Juli 2023: Die Schülerinnen und Schüler der B-W12B fahren gemeinsam mit Frau Ritthammer, Frater Joachim und Frau Thalmeier nach München, um im Landtag an der Preisverleihung zum Schülerlandeswettbewerb „Erinnerungszeichen: Hier bin ich daheim. Was macht meine Region besonders?“ teilzunehmen.

Als der Beitrag bei der Preisverleihung, die die Landtagspräsidentin, Frau Ilse Aigner, leitete, tatsächlich mit dem 1. Platz der beruflichen Schulen aus Bayern ausgezeichnet wurde, war die Freude riesig! Was die genauen Inhalte und „Highlights“ dieses Projekts waren, möchte ich an dieser Stelle gerne präsentieren, da es sich in der Tat um eine breit angelegte Recherche zur Entstehungs- und Wirkungsgeschichte des Klosters Scheyern sowie zur Region und Gemeinde Scheyern handelt und viel Liebe und Engagement in diesem Projekt stecken.

Selbstverständlich kennen unsere Schülerinnen und Schüler hier an der FOSBOS Scheyern den Klosterinnenhof, die Basilika, die Räume im Prielhof und nutzen vielleicht sogar das angegliederte Wohnheim. Dass jedoch da, wo heute das Kloster steht, früher einmal eine Burg war und die Schultradition mit dem Kloster Scheyern bis ins hohe Mittelalter zurückreicht, wissen die Wenigsten. Genau das macht den besonderen Charme des Projekts aus: Das Naheliegende besser kennenzulernen und sich auf historische Spurensuche in der direkten Umgebung zu begeben.

Wie vielfältig die Themen sind, die es in Scheyern zu erkunden gibt, wird schnell klar: So beschäftigten sich die Schülerinnen und Schüler mit der Klostergeschichte, der Säkularisation und der Wiedereröffnung 1838 und befragten den Heimat- und Kulturforscher Herr Haiplik v.a. zu den „düsteren Zeiten“ in Scheyern und Pfaffenhofen während der NS-Zeit. Herr Haiplik stellte bei seinem Vortrag auf beeindruckende Weise die „Meilensteine“ der Klostergeschichte, die Verluste durch die Säkularisation sowie die konkreten Auswirkungen der nationalsozialistischen Herrschaft auf das Kloster und die Gemeinde Scheyern dar.

Auch der Prielhof und die Landwirtschaft sowie die Brauerei und Brennerei wurden historisch genauer beleuchtet. Ein wichtiger Beitrag hierzu waren die Expertenbefragung von Pater Lukas sowie die Brauereiführung mit Frater Joachim. Zum Prielhof wurde ein kurzes Impulsvideo erstellt, zur Klosterbrauerei eine Geschichtszeitung sowie ein historischer Zeitstrahl erarbeitet und ein Drohnenvideo, das die Brauerei aus der Luft zeigt.

Des Weiteren führte eine Schülerin per Videoclip durch den Klosterladen und erläuterte, was die dort von Hand angefertigten Klosterarbeiten so besonders macht.

Ein weiteres spannendes Erlebnis war die Recherche zur Basilika sowie deren Besichtigung mit Frater Joachim. Die Schülerinnen und Schüler erfuhren viel Wissenswertes zur Königkapelle, in der die denkwürdige Verlobung des ungarischen Königsohns Stephan und der bayerischen Prinzessin Gisela stattfand, sowie zur Kapitelkirche (Johanneskirche), in der das Wittelsbacher Grab und die Bilder des „Scheyrer Fürstenzyklus“ zu sehen sind, und natürlich zum „Scheyrer Kreuz“, der heiligen Kreuzreliquie, die sich seit über 800 Jahren im Besitz der Benediktinerabtei Scheyern befindet. Einen Exkurs bildete die Besichtigung der Grabtafel von Pater Joseph Peruschitz, einem Mönch des Klosters Scheyern, der 1912 auf der sinkenden Titanic war und sich Zeitzeugenberichten zufolge bis zuletzt um seine Mitmenschen kümmerte und Trost spendete. Aus all diesen Informationen entstand eine eingesprochene Diashow sowie ein Plakat, das den Weg des „Scheyrer Kreuzes“ vom Fund durch Kaiser Konstantins Mutter Helena im Jahre 320 bis nach Scheyern nachzeichnet.

Vor der Basilika wartete eine weitere Besonderheit: Die „Herz-Jesu-Glocke“, die nach dem Zweiten Weltkrieg 1947 von den Scheyrer Bürgern als Ersatz für die im Krieg eingeschmolzenen Glocken aus Stahl gefertigt wurde und somit zum Frieden mahnen soll. Der Zeitzeuge Herr Zimolong konnte uns davon berichten, wie die Glocken, mit denen der Glockenturm heute bestückt ist, vor 14 Jahren, wunderschön geschmückt, auf großen Wägen in den Klosterhof gefahren wurden, und überließ uns einzigartige Fotos dieses Ereignisses. Eine Schülerin zeichnete zu dieser Thematik einen Cartoon, der einen Touristen beim Besichtigen der Friedensglocke sowie des Glockenturms zeigt.

Wie bereits erwähnt, kann sich das Kloster Scheyern auf eine lange Schultradition stützen, da v.a. im Mittelalter Kirche und Bildung untrennbar zusammengehörten. Was jedoch nicht jedem bewusst sein dürfte, ist, dass es hier in Scheyern ein Skriptorium, d.h. eine mittelalterliche Schreibschule, gab. Wertvolle Informationen lieferte uns dazu Pater Lukas und dank Zustimmung des Klosters konnte den Schülerinnen und Schülern auch ein ganz besonderer Schatz präsentiert werden: Die Schriften von Pater Raphael Oberkobler aus dem Kloster Scheyern, der in den 1980er Jahren noch die Kunst des mittelalterlichen Schreibens beherrschte und so Texte der Evangelien sowie die Regel des Heiligen Benedikts kunstvoll abschrieb. Wunderschöne Bilder sowie ein von den Schülern eingesprochener Informationsdialog sind hieraus entstanden.

Eine ganz besondere Ehre war es, dass unsere Schülerinnen und Schüler sogar einen Blick in die normalerweise der Öffentlichkeit unzugängliche Barockbibliothek werfen durften.

Neben der bereits beschrieben historischen Recherche wurde auch die Kooperation zwischen Schule und Kloster genauer beleuchtet. Die stellvertretende Schulleiterin, Frau Bärbel Ritthammer, war so freundlich, uns ein Experteninterview zu geben und erläuterte aufschlussreich, seit wann die Kooperation besteht, wie sich diese gestaltet und worin die Vorteile für beide Seiten liegen. Aus diesen Ausführungen sowie aus der Recherche zum Thema „Kloster und Bildung“ entstand ein von einem Schüler verfasster und von tiefergehender Reflexion zeugender Kommentar.

Die fruchtbare Zusammenarbeit zwischen Schule und Kloster zeigt sich auch bei vielen Events: So werden beispielsweise beim Christkindlmarkt der SMV die Buden vom Kloster zur Verfügung gestellt und das Starkbierfest der SMV kann in den Räumlichkeiten des Prielhofs stattfinden. Weitere Beispiele dafür, was das kulturelle Leben in und um Scheyern ausmacht, stellten drei Schülerinnen anhand eines digitalen Plakats vor. Außerdem gaben sie uns einen Einblick in das Leben im Wohnheim, indem sie drei Mitschüler und Frater Joachim befragten und aus diesen Informationen ein Kurzvideo erstellten.

Zu guter Letzt widmete sich das Projekt der Gemeinde Scheyern, um den Blick auf die Wirkungsgeschichte des Klosters sowie auf die Entwicklung der FOSBOS Scheyern zu erweitern. Dazu beschäftigte sich eine Schülerin intensiv mit dem Scheyrer Wappen, dessen Grundlage das seit 1352 bekannte Siegel der Benediktinerabtei Scheyern ist, und stellte die Ähnlichkeit mit dem Pfaffenhofener Wappen heraus. Die Entwicklung des Wappens konnte anhand eines aus Einzelteilen bestehenden, selbstgebastelten Wappens Schritt für Schritt nachvollzogen werden.

Des Weiteren berichtete uns der Scheyrer Bürgermeister Herr Manfred Sterz über die Besonderheiten der Region in und um Scheyern und gab seine Einschätzung, wie sich die Gemeinde ohne die Strahlkraft des Klosters entwickelt hätte. Darüber hinaus gab er uns einen Einblick in das ehemalige Kulturfestival „Kunst im Gut“, das 25 Jahre lang auf dem Gelände des Prielhofs stattgefunden hatte und einem das Gefühl gab, ins Mittelalter einzutauchen.

Diese Ausführungen wurden von dem Zeitzeugen und Scheyrer Bürger Herr Clemens Zimolong ergänzt, der viele spannende Informationen zum früheren Leben in Scheyern, über die klösterliche Prägung des Ortes sowie über die Feste und Traditionen zu berichten wusste. Auch die Weiterführung der Schultradition vom Gymnasium über die Gründung der Berufsoberschule sowie die Erweiterung um die Fachoberschule wurden hier sehr positiv gesehen.

Das absolute Highlight der Arbeit war das von den Schülerinnen und Schülern in Eigenregie erstellte Begrüßungsvideo „Lernt uns kennen“, in dem jede Schülerin und jeder Schüler sein Sachgebiet in einem Satz vorstellte und dann einen thematisch passenden Gegenstand an den jeweils Nächsten weiterreichte. So entstand ein zusammenhängender Intro-Videoclip, der in ca. drei Minuten alle am Projekt Beteiligten zeigt und einen Überblick über die Inhalte gibt. Es macht wirklich Spaß, das Video anzuschauen!

All diese Ergebnisse und kreativen Ausarbeitungen wurden am Ende von unseren „Computerfeen“ in einer interaktiven PowerPoint-Präsentation zusammengestellt, bei der man die jeweils thematisch zusammenpassenden Inhalte in Form von Puzzleteilen anklicken konnte. So gelang es, diesen „Fundus“ an Informationen, Präsentationen, Videos und Audios perfekt zusammenzufügen.

Ich kann an dieser Stelle nur sagen: Die Schülerinnen und Schüler der B-W12B waren unglaublich und haben den Preis von ganzem Herzen verdient! Ihr wart eine wahnsinnig tolle Klasse und ich wünsche Ihnen für den weiteren Lebensweg das Beste, v.a. dass Sie immer so engagiert und kreativ bleiben! Der Zusammenhalt während der Projektarbeit sowie der Tag in München werden für mich unvergesslich bleiben! Außerdem ein herzliches Dankeschön an Pater Lukas, Frater Joachim und Frau Ritthammer, die das Projekt von Anfang an unterstützt und gefördert haben. Vielen Dank für das mir entgegengebrachte Vertrauen und die Unterstützung!

Text und Bilder: Patrizia Thalmeier.