Bunte Lichter gegen braune Schatten

In diesem Jahr hatte sich die AG „Schule ohne Rassismus“ an der FOS/BOS Scheyern für die Adventszeit ein besonderes Projekt überlegt: Unter dem Motto „Bunte Lichter gegen braune Schatten“ sollten ausgewählte Fenster des Wohnheims sowie die Fenster in einem Teil des Schulgebäudes in der Vorweihnachtszeit bunt beleuchtet werden, um ein klares Zeichen gegen jede Form von „braunen Schatten“ zu setzen. Oder, um es ganz konkret zu formulieren, um sich ganz eindeutig gegen jede Form von Diskriminierung, Ausgrenzung, Rassismus, Mobbing und (Rechts)extremismus an der Schule zu positionieren. So wurden Woche für Woche immer mehr Fenster mit bunten Fensterfolien von den Schülerinnen und Schülern beklebt. Die Beleuchtung kam ganz automatisch hinzu, sobald die ersten Lichter im Schulhaus angingen. Besonders in den frühen Morgenstunden und am Abend entstand so ein augenfälliger Effekt und die Botschaft hinter dieser Aktion stieß schnell auf große Zustimmung.

Um jedoch nicht nur ein symbolisches Zeichen zu setzen, sondern die Inhalte rund um das Thema „Toleranz und Respekt“ auch in das Unterrichtsgeschehen zu integrieren, wurde die Fensteraktion um vier „Adventsimpulse“ erweitert. Jede Woche wurde von den beiden Betreuerinnen der AG, Frau Thalmeier und Frau Thielitz, ein Aspekt dieses Themenkomplexes als möglicher Stundenimpuls aufbereitet und an die Fachschaften Politik & Gesellschaft sowie Geschichte verschickt. Zusätzlich wurden die Bilder, Texte und Hintergrundinformationen im Eingangsbereich für jeden sichtbar an einer Wand aufgehängt. Mit der tatkräftigen Unterstützung der entsprechenden Fachschaftskolleginnen und -kollegen war es möglich, die Impulse bereits in vielen Klassen zu präsentieren.

In der ersten Woche stand die Bewegung „Black lives matter“, die seit 2020 durch die Verbreitung des Videos der Tötung von George Floyd in den sozialen Medien große Bekanntheit erreichte, im Fokus. Mittels zweier ausdrucksstarker Bilder sollten die SchülerInnen darauf aufmerksam gemacht werden, dass Rassismus (exemplarisch hier am Beispiel der Black People dargestellt) leider nach wie vor ein nicht zu leugnendes (und in den USA sogar zum Teil strukturell verfestigtes) Gesellschaftsproblem ist.

Für den zweiten Adventsimpuls wurde der Bereich „Flucht und Vertreibung“ sowie „Ankommen in Deutschland“ aufgegriffen. Um der Emotionalität dieser herausfordernden Thematik Rechnung zu tragen, fiel die Entscheidung auf die Gattung „Lyrik“ als Medium. Ausgewählt wurde „The Poetry Project“ – ein Projekt aus dem Jahr 2015, bei dem versucht wurde, jugendlichen Flüchtlingen aus Afghanistan dadurch Gehör zu verschaffen, dass sie ihre persönlichen Gefühle und Traumata in lyrischen Texten verbalisieren. Durch die Besprechung von zwei ausgewählten Gedichten im Unterricht, sollte den SchülerInnen ein Einblick in die Erlebnisse, Erfahrungen und Ängste dieser Jugendlichen gewährt werden.

In der dritten Woche wurde der Fokus auf das bedauerlicherweise weit verbreitetes Phänomen des Mobbings gerichtet. Statistiken zufolge, hat besonders das Cybermobbing während der Corona-Pandemie v.a. unter Jugendlichen weiter zugenommen. Als Impuls wurde hier ein Kurzfilm gewählt, der den Raum für eine sich anschließende Diskussion eröffnete. Wichtig war es dabei auch, auf „Exit-Strategien“ (aus der Mobbing-Falle) und geeignete Ansprechpartner für betroffene SchülerInnen zu verweisen.

Der letzte Adventsimpuls beschäftigte sich mit „Stereotypen und Vorurteilen im Alltag“. In Sprechblasen formulierte Vorurteile sollten von den SchülerInnen erkannt und als ungerechtfertigt entlarvt werden. Außerdem wurde die Ambivalenz der Vorurteile zwischen der Widersprüchlichkeit zur Rationalität und Emotionalität einerseits und der anhaltenden, festen Verankerung und Verbreitung in der Gesellschaft andererseits thematisiert.

Viele SchülerInnen bestätigten inzwischen auch, dass sie die beleuchteten Fenster sowie die Impulse als Bereicherung des Unterrichts und Schullebens empfunden haben. So konnte man im Feedback lesen, dass vor allem „die Gedichte einen starken Eindruck hinterlassen haben“ und „eine neue, fast vergessene Perspektive“ eröffnet haben. Auch beim Thema Mobbing wurde den Lehrkräften bestätigt, dass „es was bringt, in der Schule über solche Themen aufzuklären und manchen vielleicht die Augen zu öffnen“ sowie dass es sich um eine wichtige Thematik handelt, die „normalerweise im Unterricht nicht angesprochen“ wird. Und dort, wo diese Aspekte aufgrund der zahlreichen Leistungsnachweise vereinzelt noch nicht vollumfänglich thematisiert wurden, können diese zentralen Themen selbstverständlich auch noch im Januar behandelt werden, wie die AG versichert. Denn Toleranz und Respekt sind eben nicht nur in der Weihnachtszeit wichtig.

Somit konnte und kann in Scheyern hoffentlich ein kleiner Beitrag zur Förderung eines toleranten Miteinanders sowie zur Prävention gegen jede Art von „braune Schatten“ geleistet werden. Letztlich bleibt es aber weiterhin eine Herausforderung für jeden einzelnen, in seinem Alltag Toleranz und Respekt anderen gegenüber zu üben.

Text: Patrizia Thalmeier/Sabine Thielitz