Dänemark-Austausch

Scheyerer Schüler zu Gast in Dänemark

Die Teilnehmer am Schulpartnerschaftsprojekt „Clean Tech and Green Energy“, das durch das Erasmus-Programm der Europäischen Union gefördert wird, hatten sich als Transportmittel zu ihrem ersten Arbeitstreffen an der Partnerschule, dem Technischen Gymnasium (TEC) Ballerup, bewusst für den Nachtzug entschieden. Beim Umsteigen in Frankfurt – der Anschlusszug hatte 45 Minuten Verspätung – wird die Scheyerer Reisegruppe mit einer momentan in ganz Europa gegenwärtigen Problematik konfrontiert. Flüchtlinge, die an Bahnhöfen ihr Glück, die Weiterreise, versuchen. Die Begegnung läuft beiderseits nicht ganz ohne Unbehagen ab. Es sollte nicht die letzte Begegnung sein. Endlich geht die Fahrt im reservierten Liegewagen weiter, folgt in Fulda dann ein ungeplanter Aufenthalt: Die Polizei kontrolliert den Zug nach illegalen Einwanderern. Man empfindet sofort wieder etwas Unbehagen, vor allem aber Mitgefühl mit dem Schicksal der etwa 25 mageren, fröstelnden Menschen, für die ein Abschnittaustausch1 des Bahnsteigs zum unfreiwilligen Sammelbecken wird. Über 19 Stunden Fahrzeit liegen hinter den sieben Schülern und zwei Lehrern der BOS Scheyern, als sie am Sonntagnachmittag bei ihren Gastfamilien ankommen bzw. ihre Hotelzimmer im Kopenhagener Vorort Ballerup beziehen. Die Schulwoche beginnt am Montag um 8:15 Uhr mit einem typisch dänischen Frühstück, nämlich mit süßem Gebäck und frischen Brötchen. Danach stellen die Scheyerer Schüler – als äußeres Erkennungsmerkmal in Tracht gekleidet – den dänischen Projektteilnehmern sowie 11.-Klässlern des TEC Ballerup die BOS Scheyern vor und präsentieren die Ergebnisse ihrer jeweiligen Seminararbeiten, die sich alle mit Energie- und Nachhaltigkeitsthemen befassen. Grundidee des Partnerschaftsprojekts ist eine wechselseitige Verzahnung der Seminar- und Projektphasen der beteiligten Schulen. Großes Interesse wecken insbesondere die Vorträge über ein Plus-Energie-Haus sowie über das Energiespardorf (PK berichtete). Vortrags- und Kommunikationssprache ist Englisch. Die Referate sollen Impulsgeber sein für weitere Problemstellungen, die die dänischen Schüler in ihrer kommenden Projektphase bearbeiten. Darüber hinaus haben die dänischen Gastgeber ein umfangreiches Arbeits- und beachtliches Exkursionsprogramm vorbereitet. Windenergie ist das die Woche beherrschende Thema. Jakob Borby, Junglehrer am technischen Gymnasium Ballerup, hat bis vor zwei Jahren in dieser Branche gearbeitet und nutzt persönliche Kontakte. So öffnen sich für die Projektteilnehmer die Türen zum nationalen Forschungszentrum für erneuerbare Energien in Riso, sie spüren die Kraft und Kälte des Windes auf einer Segeltour mit der Replika eines Wikingerbootes und besichtigen den Offshore-Windpark Middelgrunden. Die Einladung, am Abend gemeinsam bei Jakob zuhause zu kochen, entpuppaustausch2t sich als Einblick in ein ungewöhnliches Wohnmodell. Circa dreißig Haus- und Wohnungsbesitzer unterschiedlichsten Alters pflegen und nutzen eine im Zentrum ihrer Wohneinheiten stehende großräumige Villa gemeinschaftlich oder, ausnahmsweise, wie an diesem Abend, für private Feste. Nicht ganz zufällig schauen auch ein paar Freunde, die beruflich mit Wind zu tun haben, vorbei. Trotz lockerer, entspannter Atmosphäre lässt das Wochenthema die Teilnehmer nicht los. Tore, eine Ministeriumsmitarbeiterin, erläutert Ziele und Instrumente der dänischen Umweltpolitik. Als die letzte Frage beantwortet, die Küche aufgeräumt und von den als Gastgeschenk mitgebrachten Scheyerer Bieren nur noch Leergut übrig ist, hat selbst der kundenorientierte kopenhagener Personennahverkehr in den Nachtbetrieb geschaltet.

Verarbeitet werden die Eindrücke und Erkenntnisse in gemeinsam erstellten Berichten dänisch-deutscher Schülerteams, die sich mit den Aspekten Windraddesign, Ressourceneffizienz, Versorgungssicherheit und Wirtschaftlichkeit befassen. Kompetenzunterschiede treten zu Tage. Die dänischen Schüler sind geübter in der Methode der Projektarbeit und wirken im Englischen sicherer. Viele Fernsehserien und Internetseiten stehen in skandinavischen Ländern nicht in der Landessprache zu Verfügung. Englisch tritt an Stelle von Dänisch, Norwegisch oder Finnisch und wird schon in jungen Jahren Teil des Alltags. Die Scheyerer Schüler punkten in Bezug auf Kontaktfreudigkeit und Organisationsgeschick.

Wenig Zeit bleibt für Unterrichtsbesuche. Offensichtlich ist, dass nicht Bücher und Ordner, sondern Laptops die Schülertische dominieren, die Schüler eigenverantwortlicher arbeiten und Experimente im Labor in den technischen Fächern mehr Raum einnehmen.

Die Evaluation am letzten Tag belegt, dass die Woche allen beteiligten Schülern und Lehrern viel abverlangt, sie jedoch gleichzeitig vielfältig bereichert hat. Froh und ein wenig stolz, bei diesem europäischen Partnerschaftsprogramm dabei gewesen zu sein, verabschiedet man sich. „Farvel“ („Auf ein Wiedersehen“) in Scheyern Ende Februar 2015!

(Ri,RS)