Während die anderen Schüler der FOSBOS Scheyern bereits in die wohlverdienten Sommerferien nach dem (Fach-) Abitur starteten, hatte ich die Möglichkeit, zwei Wochen in ein EU-Land meiner Wahl zu reisen und dort ein internationales Praktikum zu absolvieren.
Eine passende Stelle für das Praktikum zu finden war für mich schnell gefunden – in Lynge nahe Kopenhagen.
Die Anreise ist immer so eine Sache – günstig soll es sein, dann bleibt mehr Geld zum Ausgeben übrig. Vor einer Reise nach Dänemark, dem teuersten Land für Verbraucher innerhalb der EU, ist das durchaus eine berechtigte Überlegung. Die Anreise mit dem Zug bleibt so fast unvermeidlich. Bereits an diesem Punkt der Reise kommt man auf seine Kosten: Wer den Umstieg in Hamburg hinter sich hat, wird einige Stunden lang mit einer wunderschönen Landschaft belohnt. Ein weiterer Pluspunkt: Die Zugverbindung endet am Kopenhagener Hauptbahnhof, direkt im Zentrum der Stadt. Von hier aus ist es kein großer Aufwand mehr, die schönsten Flecken der Stadt zu erreichen. Neben meiner Arbeitszeit (Die in den skandinavischen Ländern übrigens deutlich geringer und flexibler geregelt ist als bei uns), blieb mir genug Zeit, die Stadt zu Fuß oder mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zu erkunden.
Die Hälfte aller Dänen fährt täglich mit dem Fahrrad in die Arbeit, für Menschen, die nicht mit den örtlichen Verkehrsregeln und Straßen vertraut sind, ist dies aber eher ein gewagtes Vorhaben. Aus diesem Grund habe auch ich auf die Metro zurückgegriffen. Mein erster Tag im Praktikum löste vor allem eines in mir aus: Verwunderung, bereits beim Anblick des Gebäudes meiner Praktikumsfirma. Ein rundes, UFO-artiges Bauwerk mit riesigen Grünanlagen, sogar ein hauseigenes Windrad steht auf dem Gelände. Hier ist es vollkommen normal, nach dem Mittagessen (zu dem sich alle im Zentrum des runden Gebäudes treffen), zusammen mit Kollegen einen Spaziergang zu machen. Dabei kommt man ins Gespräch – nicht nur mit Dänen, sondern mit Menschen aus den unterschiedlichsten Ländern. Ich hatte also nicht nur die Möglichkeit, die Dänen und ihre Kultur näher kennenzulernen, sondern auch einige Menschen aus Griechenland, Indien, Großbritannien und Mexiko. Da die Firma Standorte auf der ganzen Welt hat, ist das hier nicht ungewöhnlich. Ähnlich bunt fiel auch meine Arbeit im Praktikum aus. Die große Umstellung: Ohne Englisch funktioniert nichts. Wer bei unbekannten Wörtern und anderen Unklarheiten einfach nachfragt, kommt jedoch problemlos durch. Mein Aufgabenbereich lag innerhalb eines internen Projektes im Marketingbereich; so hatte ich nicht nur die Möglichkeit, mich in zwei Wochen voll in das Thema einzuarbeiten, sondern hatte auch das Gefühl, wirklich etwas voranzubringen – ob durch Kreativaufgaben mit PowerPoint oder das Verfassen von Texten.
Jeder spricht Englisch – das gilt nicht nur für die dänische Arbeitswelt, sondern auch für die Menschen, die man tagtäglich auf der Straße trifft. So wollte mir die Verkäuferin im Lidl erklären, warum die Dänen alles in der Geschmacksrichtung Lakritze kaufen, und in der Metro versuchte mir ein Student vergeblich die Aussprache der Buchstaben Ø, Æ und Å nahezubringen. Warum das in Dänemark so gut funktioniert? Die Antwort: Janteloven. Das Gesetz von Jante ist tief im Denken der Dänen verwurzelt. Danach ist niemand “besser” oder “höher” als der andere. Der Gedanke daran hat mich auf meiner gesamten Reise begleitet und hat mich immer wieder ermutigt, einfach mal mit fremden Menschen draufloszureden.
Egal, an welchen Fleck der Erde man als junger Mensch durch das Erasmus + Programm verschlagen wird – das fremde Umfeld, die Menschen und die neuen Erfahrungen verändern – nicht nur den ein oder anderen Zukunftsplan, sondern oft auch den Menschen an sich. Meine Zeit in Dänemark hat mich nicht nur in meinen Sprachkompetenzen weitergebracht, sondern auch in meinen Zukunftsplänen. So steht für mich im Verlaufe meines Studiums jetzt ein Auslandssemester in Dänemark auf dem Wunschzettel.
Text: Anabel Kobylinski